Im Einsetzungsbericht des Römischen Kanons gibt es noch eine Besonderheit,
die wir in dieser Stunde bedenken wollen. Die betende Kirche blickt hin auf die
Hände und auf die Augen des Herrn. Sie will gleichsam zusehen, sie will die
Gebärde seines Betens und Tuns in dieser einzigartigen Stunde wahrnehmen,
gleichsam auch über die Sinne der Gestalt Jesu begegnen. „Er nahm das Brot in
seine heiligen und ehrwürdigen Hände…“
Wir schauen auf die Hände hin, mit denen
er Menschen geheilt hat; auf die Hände, mit denen er Kinder gesegnet hat; auf
die Hände, die er Menschen aufgelegt hat; und auf die Hände, die am Kreuz
angenagelt wurden und die für immer die Wundmale als Zeichen seiner todbereiten
Liebe tragen.
Nun sind wir beauftragt zu tun, was er getan hat: das Brot in die
Hände zu nehmen, damit es durch das eucharistische Gebet verwandelt werde. In
der Priesterweihe sind unsere Hände gesalbt worden, damit sie Segenshände
werden.
Bitten wir den Herrn in dieser Stunde, daß unsere Hände immer mehr dem
Heil, dem Segen, der Vergegenwärtigung seiner Güte dienen!
„Wenn ich also“, sagt er, „euer Herr und Meister, euch die Füße
gewaschen habe, so sollt auch ihr einander die Füße waschen. Denn ich
habe euch ein Beispiel gegeben, daß, wie ich euch getan habe, auch ihr
tuet.“
Das ist es, seliger Petrus, was du nicht wußtest, als du es nicht
geschehen ließest. Das solltest du „nachher“ erfahren, wie dir dein
Meister und Herr versprach, da er dich, damit du es zuließest, bei
deiner Fußwaschung schreckte. Wir haben,
Brüder, Demut von dem Erhabenen gelernt; tun wir einander in aller
Demut, was der Erhabene demütig getan hat. Groß ist diese Anempfehlung
der Demut, und es tun dies die Brüder einander auch in sichtbaren
Werken, wenn sie sich gegenseitig Gastfreundschaft gewähren; es besteht
ja bei sehr vielen die Übung dieser Verdemütigung, bis zu der Handlung,
worin man sie ausgedrückt sehen kann. Daher sprach der Apostel, als er
die wohlverdiente Witwe empfahl: „Wenn sie gastliche Aufnahme gewährte,
wenn sie die Füße der Heiligen wusch“1.
Und wo immer bei den Heiligen diese Gewohnheit nicht herrscht, tun sie,
was sie mit der Hand nicht vollbringen, mit dem Herzen, wenn sie unter
der Zahl derjenigen sich befinden, zu denen im Loblied auf die seligen
drei Jünglinge gesagt wird: „Preiset, ihr Heiligen und Demütigen von
Herzen, den Herrn“2.
Es ist aber viel besser und ohne Widerrede wahrer, wenn es auch mit den
Händen geschieht, und der Christ es nicht unter seiner Würde hält zu
tun, was Christus getan hat. Denn wenn zu den Füßen des Bruders der Leib
sich neigt, so wird auch im Herzen selbst der Affekt der Demut entweder
hervorgerufen oder, wenn er schon da war, bestärkt.
.... erinnern wir uns, daß wir die Erhabenheit dieser Handlung des Herrn so
erklärt haben, durch das Waschen der Füße der schon gewaschenen und
reinen Jünger habe der Herr wegen der menschlichen Neigungen, mit denen
wir auf Erden leben, angedeutet, daß wir trotz allen Fortschritts in der
Ergreifung der Gerechtigkeit wissen sollen, wir seien nicht ohne Sünde.
Diese wäscht er sogleich ab durch seine Fürbitte für uns, indem wir den
Vater bitten, der im Himmel ist, daß er uns unsere Schulden vergebe,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern1.
Wie nun hängt mit dieser Auffassung zusammen, was er nachher lehrte, wo
er den Grund seiner Handlung angab mit den Worten: „Wenn nun ich, der
Herr und Meister, eure Füße gewaschen habe, so sollt auch ihr einander
die Füße waschen. Denn ich habe euch ein Beispiel gegeben, daß ihr, wie
ich euch getan habe, so auch ihr tut“? Können wir etwa sagen, daß auch
ein Bruder den andern von der Befleckung der Sünde wird reinigen können?
Ja sogar eine Aufforderung dazu sollen wir in der Erhabenheit dieser
Handlung des Herrn erblicken, daß wir unsere Sünden einander bekennen
und für einander beten sollen, wie auch Christus für uns bittet. Hören wir den Apostel Jakobus, der dies ganz klar vorschreibt und sagt: „Bekennet einander eure Sünden und betet für einander“.
Denn auch hierzu gab uns der Herr ein Beispiel. Wenn nämlich er, der
eine Sünde weder hat noch hatte noch haben wird, für unsere Sünden
bittet, um wieviel mehr müssen wir gegenseitig für die unserigen bitten!
Und wenn er uns vergibt, dem wir nichts zu vergeben haben, um wieviel
mehr müssen wir einander vergeben, die wir hier ohne Sünde nicht leben
können? Denn was gibt wohl der Herr durch dieses bedeutsame Geheimnis zu
verstehen, wenn er sagt: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, daß, wie
ich euch getan habe, so auch ihr tut“, als eben dies, was der Apostel
ganz deutlich sagt: „Vergebet einander, wenn einer gegen jemand eine
Klage hat; wie der Herr euch vergeben hat, so auch ihr!“
Vergeben wir uns also gegenseitig unsere Sünden und beten wir
gegenseitig für unsere Sünden, und so mögen wir dann gewissermaßen
einander unsere Füße waschen. An uns ist es, mit seiner Hilfe den Dienst
der Liebe und Demut zu leisten; an ihm ist es, zu erhören und uns von
aller Ansteckung der Sünde zu reinigen durch Christus und in Christus,
damit, was wir andern auch vergeben d. h. auf Erden lösen, im Himmel
gelöst werde.
Ich hielt meinen Rücken
denen hin, die mich schlugen, und denen, die mir den Bart ausrissen, meine
Wangen. Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und Speichel.
Petrus verleugnet den Herrn, Chalons en Champagne, Kathedrale
Einer von euch wird mich
verraten. -
Noch bevor der Hahn kräht,
wirst du mich dreimal verleugnen
+Aus dem
heiligen Evangelium nach Johannes 13
In jener Zeit,
21als Jesus mit seinen
Jüngern bei Tisch war, wurde er im Innersten erschüttert und bekräftigte: Amen, amen, das sage ich euch: Einer
von euch wird mich verraten.
22Die Jünger blickten sich
ratlos an, weil sie nicht wussten, wen er meinte.
23Einer von den Jüngern lag an
der Seite Jesu; es war der, den Jesus liebte.
24Simon Petrus nickte ihm zu,
er solle fragen, von wem Jesus spreche.
25Da lehnte sich dieser zurück
an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist es?
26Jesus antwortete: Der ist
es, dem ich den Bissen Brot, den ich eintauche, geben werde. Dann tauchte er das
Brot ein, nahm es und gab es Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.
27Als Judas den Bissen Brot
genommen hatte, fuhr der Satan in ihn. Jesus sagte zu ihm: Was du tun willst,
das tu bald!
28Aber keiner der Anwesenden
verstand, warum er ihm das sagte.
29Weil Judas die Kasse hatte,
meinten einige, Jesus wolle ihm sagen: Kaufe, was wir zum Fest brauchen!, oder
Jesus trage ihm auf, den Armen etwas zu geben.
30Als Judas den Bissen Brot
genommen hatte, ging er sofort hinaus. Es war aber Nacht.
31Als Judas hinausgegangen
war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht, und Gott ist in ihm
verherrlicht.
32Wenn Gott in ihm
verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen, und er wird ihn bald
verherrlichen.
33Meine Kinder, ich bin nur
noch kurze Zeit bei euch. Ihr werdet mich suchen, und was ich den Juden gesagt
habe, sage ich jetzt auch euch: Wohin ich gehe, dorthin könnt ihr nicht
gelangen.
36Simon Petrus sagte zu ihm:
Herr, wohin willst du gehen? Jesus antwortete: Wohin ich gehe, dorthin kannst du
mir jetzt nicht folgen. Du wirst mir aber später folgen.
37Petrus sagte zu ihm: Herr,
warum kann ich dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für dich hingeben.
38Jesus entgegnete: Du willst
für mich dein Leben hingeben? Amen, amen, das sage ich dir: Noch bevor der Hahn
kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.
Maria salbt Jesus, University church of St Mary, Oxford
+Aus dem
heiligen Evangelium nach Johannes 12
1Sechs Tage vor dem
Paschafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den er von den Toten
auferweckt hatte.
2Dort bereiteten sie ihm ein
Mahl; Marta bediente, und Lazarus war unter denen, die mit Jesus bei Tisch
waren.
3Da nahm Maria ein Pfund
echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem
Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.
4Doch einer von seinen
Jüngern, Judas Iskariot, der ihn später verriet, sagte:
5Warum hat man dieses Öl
nicht für dreihundert Denare verkauft und den Erlös den Armen gegeben?
6Das sagte er aber nicht,
weil er ein Herz für die Armen gehabt hätte, sondern weil er ein Dieb war; er
hatte nämlich die Kasse und veruntreute die Einkünfte.
7Jesus erwiderte: Lass sie,
damit sie es für den Tag meines Begräbnisses tue.
8Die Armen habt ihr immer bei
euch, mich aber habt ihr nicht immer bei euch.
9Viele Juden hatten erfahren,
dass Jesus dort war, und sie kamen, jedoch nicht nur um Jesu willen, sondern
auch um Lazarus zu sehen, den er von den Toten auferweckt hatte.
10Die Hohenpriester aber
beschlossen, auch Lazarus zu töten,
11weil viele Juden seinetwegen
hingingen und an Jesus glaubten.
Jesus am Ölberg, Kathedrale von Chalons en Champagen
Aus der Leidensgeschichte nach Markus 14
33 E Und er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit sich.
Da ergriff ihn Furcht und Angst 34 und er sagte zu ihnen: † Meine Seele ist zu Tode betrübt.
Bleibt hier und wacht! 35 E Und er ging ein Stück weiter,
warf sich auf die Erde nieder
und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe. 36 Er sprach: † Abba, Vater,
alles ist dir möglich.
Nimm diesen Kelch von mir!
Aber nicht, was ich will,
sondern was du willst.
37 E Und er ging zurück
und fand sie schlafend.
Da sagte er zu Petrus: † Simon, du schläfst?
Konntest du nicht einmal eine Stunde wach bleiben? 38Wacht und betet,
damit ihr nicht in Versuchung geratet!
Der Geist ist willig,
aber das Fleisch ist schwach.
39 E Und er ging wieder weg
und betete mit den gleichen Worten. 40 Als er zurückkam,
fand er sie wieder schlafend,
denn die Augen waren ihnen zugefallen;
und sie wussten nicht, was sie ihm antworten sollten.
41 Und er kam zum dritten Mal
und sagte zu ihnen: † Schlaft ihr immer noch und ruht euch aus?
Es ist genug.
Die Stunde ist gekommen;
siehe, jetzt wird der Menschensohn in die Hände der Sünder ausgeliefert. 42 Steht auf,
wir wollen gehen!
Siehe, der mich ausliefert, ist da.
Einzug in Jerusalem, Saint Etienne, Chalons en Champagne
Was aber bedeutet es für den König der Welt, wenn er (hier) zum König über Menschen gemacht wurde? "König Israels" wollte Christus nicht deshalb sein, um Abgaben verlangen zu können oder ein Heer mit Waffen auszurüsten, sondern um Herr über die Seelen zu sein und sie ins Himmelreich zu bringen.
König über Israel sein zu wollen bedeutete für ihn nicht, zu größerer Ehre zu gelangen, sondern er ließ sich dazu herab. Er vermehrte dadurch nicht seine Macht, sondern er zeigte sein Erbarmen, denn der, den sie auf Erden den König der Juden nannten, der ist im Himmel der Herr über die Engel. (Augustinus, Catena aurea, Schlosser Kolbinger, 386)
Jesus und die Ehebrecherin, Kathedrale Peter und Paul, Troyes
+
Aus dem
heiligen Evangelium nach Johannes 8
In jener Zeit
1ging Jesus zum Ölberg.
2Am frühen Morgen begab er
sich wieder in den Tempel. Alles Volk kam zu ihm. Er setzte sich und lehrte
es.
3Da brachten die
Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau, die beim Ehebruch ertappt worden
war. Sie stellten sie in die Mitte
4und sagten zu ihm: Meister,
diese Frau wurde beim Ehebruch auf frischer Tat ertappt.
5Mose hat uns im Gesetz
vorgeschrieben, solche Frauen zu steinigen. Nun, was sagst
du?
6Mit dieser Frage wollten sie
ihn auf die Probe stellen, um einen Grund zu haben, ihn zu verklagen. Jesus aber
bückte sich und schrieb mit dem Finger auf die Erde.
7Als sie hartnäckig
weiterfragten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: Wer von euch ohne Sünde
ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.
8Und er bückte sich wieder
und schrieb auf die Erde.
9Als sie seine Antwort gehört
hatten, ging einer nach dem Anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb
allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand.
10Er richtete sich auf und
sagte zu ihr: Frau, wo sind sie geblieben? Hat dich keiner
verurteilt?
11Sie antwortete: Keiner,
Herr. Da sagte Jesus zu ihr: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige
von jetzt an nicht mehr!