Montag, 5. Januar 2015

Das aufstrahlende Licht aus der Höhe

Das Licht, das in der Weihnachtsnacht aufstrahlte und die Grotte von Bethlehem erleuchtete, wo Maria, Josef und die Hirten schweigend anbeteten, glänzt und offenbart sich am heutigen Tag allen Menschen. Die Erscheinung des Herrn ist ein Geheimnis des Lichts, was symbolisch durch den Stern zum Ausdruck kommt, der den Weisen auf ihrer Reise vorangegangen ist.
Die wahre Lichtquelle, "das aufstrahlende Licht aus der Höhe" (Lk 1,78), ist allein Christus. Im Weihnachtsmysterium fällt der Glanz Christi auf die ganze Erde und verbreitet sich wie in konzentrischen Kreisen. Zuallererst umstrahlt er die Heilige Familie von Nazaret: Die Jungfrau Maria und Josef werden von der göttlichen Gegenwart des Jesuskinds erleuchtet. Das Licht des Erlösers erscheint dann den Hirten von Bethlehem, die aufgrund der Botschaft des Engels schnell zur Grotte eilen, wo sie das "Zeichen" finden, das ihnen vorausgesagt wurde: ein Kind, "das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt" (Lk 2,12). Zusammen mit Maria und Josef stellen die Hirten den "Rest" des Volkes Israel dar, die Armen, die "anawim", denen die Frohe Botschaft verkündet wird.

Anbetung der Weisen, Notre Dame de Paris

Schließlich erreicht der Strahl Christi auch die Heiligen Drei Könige. Sie stehen für die Heidenvölker. Nur die Paläste der Mächtigen in Jerusalem bleiben im Schatten. Dort wird von der Geburt des Messias paradoxerweise ausgerechnet von den Weisen berichtet, und diese Nachricht löst nicht Freude aus, sondern Furcht und Feindseligkeit. Der Plan Gottes ist ein Geheimnis: "Das Licht kam in die Welt, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Taten waren böse" (Joh 3,19). 

Das Licht, das zu Weihnachten erscheint und sich heute allen Völkern offenbart, ist die Liebe Gottes, die in der Person des Fleisch gewordenen Wortes Gestalt angenommen hat. Von diesem Licht angezogen, kommen die Weisen aus dem Morgenland. Im Geheimnis der Epiphanie können wir somit neben der Ausstrahlungsbewegung nach außen hin auch eine Anziehungsbewegung zum Mittelpunkt ausmachen. Letztere führt die Bewegung, die schon im Alten Bund eingeschrieben war, zur Vollendung. Der Urheber dieser Dynamik ist der eine und dreifaltige Gott, der alles und jeden an sich zieht. Die Fleisch gewordene Person des Wortes zeigt sich uns auf diese Weise als Prinzip der allgemeinen Versöhnung und Vereinigung (vgl. Eph 1,9-10). Jesus ist das letzte Ziel der Geschichte, der Ankunftsort, der nach dem "Exodus" wartet, diesem von Gott vorhergesehenen Erlösungsweg, der in Jesu Tod und in seiner Auferstehung zum Höhepunkt gelangt. Deswegen ist am Hochfest der Erscheinung des Herrn in der Liturgie die so genannte "Osterankündigung" vorgesehen: Das Kirchenjahr fasst nämlich das ganze Heilsgeschichte zusammen, in deren Mittelpunkt das "Triduum unseres gekreuzigten, begrabenen und auferstandenen Herrn" steht.

(aus der Predigt von Papst Benedikt XVI. vom 6.1.2006)

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